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MUSEUM FÜR VOLKSKUNDE VON SÃO PAULO PROF. DR. ROSSINI TAVARES DE LIMA zum Anlaß der Studientagung für Volkskultur 1976 unter Leitung von Antonio Alexandre Bispo
(...) Die neue Kommission für Volkskunde der Regierung des Bundesstaates São Paulo, die zu ihren Mitglieder nun unsere Julieta de Andrade zählt, hat ein Symposium zur volkskundlichen Forschung im laufenden Oktober 1976 unterstützt. Es wurde letzte Woche abgeschlossen und war für uns sehr produktiv. Es wurde auch damit deutlich, daß unsere Institution der einzige Ort in Brasilien ist, an dem Volkskultur studiert und erforschert wird. Frau Prof. Julieta de Andrade berichtete über ihre Forschungsreisen in Mato Grosso, und dies bedeutete den Höhepunkt des Symposiums. Meinerseits äußerte ich erneut die Kritik, daß unsere Universitäten nicht zur Erforschung der Volkskultur beitragen. Brasilien betrachtet Folklore noch als Folklore-Spektakel, als Folklore-Darbietung, als Folklore-Tourismus, als Exponat, als Festival, d.h. die Volkskultur wird im allgemeinen als Vorzeigeobjekt angesehen. Ich sprach mich gegen die Verwendung der Ausdrücke Popularkultur, Popularmusik und Popularkunst aus, da diese alle Mißbräuche decken zu Ungunsten der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Volkskultur und deren Erforschung. Ich gab einige Beispiele rezenter Forschung u.a. zur Commendatio Animae und zu einer schönen religiösen Melodie namens Martírio, die in Ilhabela gesungen wird und von der wir einen Beleg aus Beira Baixa in Portugal haben, wenn auch mit anderer Struktur und anderem Ausdruck. Ich hob hervor die Überraschung von Gerhard Kubik - einem Ethnomusikologen von der Universität Wien, der Kongo und Angola erforscht -, als man ihm sagte, die Capoeira käme aus Angola, da es die Capoeira dort nicht gibt und nie gegeben hat. Wir erhielten auch gute Daten zum Berimbau-de-cabeça ohne Kalebasse, bei dem der Mund als Resonanzkörper fungiert. Übrigens haben wir auch einen Berimbau dieser Art in den Beständen des Museums. Kennen Sie die Marimba von der Nordküste São Paulos? Wir haben nun auch dieses Instrument im Museum. Auf der Grundlage unserer Daten sind wir der Meinung, daß es eine grundsätzliche Einheit in der spontanen Kultur Brasiliens gibt. Wir gehen nicht mehr von Einteilungen nach geographischen Regionen oder gar nach Kulturarealen aus. So reicht z.B. das sog. Areal der Lederbekleidung vom Norden Minas Gerais bis Piauí. Alle diese Themen haben wir während des Symposiums behandelt und dabei gezeigt, daß es möglich ist, ernsthafte Forschungsarbeit in einem freien Forschungsinstitut durchzuführen. Dies setzt natürlich eine wissenschaftliche Orientierung voraus, die nicht an vorherbestimmte theoretische Schemata gebunden ist. (...)