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UNIVERSITÄT VON RIO DE JANEIRO GRUSSWORT PROF. DR. GUILHERME FIGUEIREDO Rektor 1987 unter Leitung von A.A.Bispo
Für die Einladung von Herrn Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo und Frau Prof. Cleofe Person de Mattos, bei dieser Tagung als Festredner zu Ihnen sprechen zu dürfen, möchte ich mich herzlich bedanken. Meine Präsenz hier ist nur aus einem einzigen Grunde - der allerdings wesentlich ist - zu rechtfertigen: Ich bin zwar kein Musikwissenschaftler oder Musiker, aber die Musik wird nicht für die Musiker gemacht. Sie ist da, um vom Hörer aufgenommen zu werden, der nicht Musiker ist. Aus diesem Grund ist es wichtig, daran zu erinnern, daß die Stadt São Paulo und das Land an sich im Zeichen der Musik gegründet wurden, nämlich der Musik von José de Anchieta. Sie wurden auch im Zeichen der darstellenden Kunst gegründet, des Theaters von José de Anchieta. São Paulo - mehr als irgendeine andere Region Brasiliens - war der Ort, in dem sich eine musikalische Mentalität entfaltete. Ausgehend von populären Wurzeln erreichte sie mehr und in kürzerer Zeit als alle anderen Künste Brasiliens eine herausragende Bedeutung und kann schon zu den höchsten Ausdrucksformen des amerikanischen Erdteils gezählt werden. Brasilien war noch kein halbes Jahrhundert unabhängiges Land, als es der Welt den Paulistaner schenkte, der zu den wichtigsten Opernkomponisten Amerikas werden sollte: Antonio Carlos Gomes. Brasilien feierte 100 Jahre seiner Unabhängigkeit, als hier die erste Woche der Modernen Kunst stattfand, die unsere nationalen Werte in der von Brasilianern aller Ethnien geschaffenen Musik bewußt machte. Hier gelangte H. Villa-Lobos zu seiner Verpflichtung gegenüber einer nationalen Kunst. Hier entwickelten sich die Gedanken von Mario de Andrade. Hier entstand die ausdrucksvolle Musik meines lieben Freundes, des im letzten Jahr gestorbenen Francisco Mignone. Hier hörte ich als Kind die Musik eines Elias Lobo und Alexandre Levy. São Paulo ist eine musikalische Stadt. Sie ist die Hauptstadt eines musikalischen Landes. Ich habe immer so gedacht, und deshalb hat die Universität, der ich vorstehe, die Musik an privilegierte Stelle gesetzt. Auf Grund eines ganz persönlichen Wunsches und mit Hilfe vieler, die an der Idee mitarbeiten wollten, wurde sie zur ersten Universität Brasiliens, die in ihr Lehrangebot die Gitarre aufgenommen hat, ein Instrument, das bis dahin mit einer gewissen Mißachtung gesehen wurde, da es das populärste aller Musikinstrumente ist. Dies habe ich als eine ehrenvolle Aufgabe betrachtet. Ich möchte Ihnen von einem Ereignis erzählen, das zeigt, was eine hohe Meinung über die Musik verwirklichen kann. Ich war in Paris, als Frau Prof. Cleofe Person de Mattos mir sagte, daß sie mit ihrem Chor nach Spanien und nach Deutschland reisen wollte. Sie würden zwar nach Frankreich kommen, würden dort aber nicht singen, da sie keinen Ort hätten, der die Associação de Canto Coral beherbergen könnte. Ich wurde dann durch eine Idee erleuchtet, die vielleicht das Licht eines Carlos Gomes, eines Mário de Andrade, der herausragenden Paulistanerinnen Guiomar Novaes und Antonieta Rudge war. Ich dachte: ein Chorensemble, das brasilianische sakrale Chormusik singt, kann nirgendwo anders singen als in der Kathedrale von Chartres. Ich schrieb einen Brief an der Erzbischof von Chartres, den ich nicht kannte. Er antwortete mir: "Sie werden nicht nur bei einer, sondern bei zwei Messfeiern singen". Es waren dann zwar doch nicht zwei, aber es war ein unvergeßliches Erlebnis. So geschah es, daß Brasilianer zum ersten Mal brasilianische sakrale Musik in der Kathedrale von Chartres sangen: Ausschnitte von Messen, die in einer Meßfeier gesungen wurden - Teile von Meßkompositionen von Villa-Lobos, Francisco Mignone und Pe. José Maurício. Dies war der schönste Abend einer erfolgreichen Unternehmung von mir! Wir verließen die Kirche in Begleitung der vielen Menschen, die die Kirche gefüllt hatten. Der Bürgermeister der Stadt empfing uns mit einem Mittagessen, und bei dieser Gelegenheit bot der Chor nochmals ein Beispiel seines Könnens, indem er außerhalb der Kathedrale, inmitten der Stadt von Chartres, brasilianische Volksmusik vortrug. Kein anderer Erfolg in meinem Leben kann dieses Ereignis übersteigen! Eine hohe Meinung über den Wert der Musik kann Großes verwirklichen!